In the Shadow of the City God (E.M.D.T. 62)

Istvan Boldog-Bernad und die First Hungarian D20 Society bescheren uns ein OSR-Kleinod für die Erfahrungsstufen 3-4, dessen dunkler Glanz bis tief in das verdorrte Herz dieses schreibenden Untoten dringt.

In the Shadow of the City God

In the Shadow of the City God führt uns in die Kleinstadt Mur, die weder bekannt ist für ihre verwirrenden, niemals-endenden Bauprojekte, noch für ihre sich gegenseitig erdolchenden und erdrosselnden Partriziergeschlechter, auch nicht für ihre architektonische Religion, in der Priester überflüssig sind, sondern für das heilsame Tränensalz, das aus zwei unterirdischen Brunnen quillt und deren Besitzer reich, aber paranoid macht.

Wenn die Abenteurer hier eintreffen, sind dunkle Machenschaften längst in vollem Gange, Verbrechen, Rache und Gegenrache entfalten sich. Unschuldige Mädchen, verlauste Wahnsinnige, Reiche und Habenichtse, sie werden in den dunklen Mauern ihr Schicksal finden. Die Abenteurer werden hoffentlich einiges zum Besseren wenden können. Wenn sie den beiliegenden Stadtplan für Spieler aufmerksam studieren, werden ihnen vielleicht auch schon die Augen aufgehen, was es mit der Stadt und ihrem Stadtgott Muri auf sich hat.

Dem Autor gelingt es, eine beklemmende Atmosphäre in dieser bedrückenden Stadt aufkommen zu lassen, man denkt sofort an Guelfen und Ghibellinen und an das furchtbare Schicksal des Grafen Ugolino.

Dies ist Mur, und wir alle werden Teil von Muri sein!

The Valley of the Skull

Erwähnte ich bereits, dass Istvan Boldog-Bernad ein Meister der Atmosphäre ist? Hinten ins Büchlein gequetscht, auf 6 Seiten Beschreibung und einer Seite Kartenskizze, hat er noch ein zweites Abenteuer, das sich dennoch zu voller Pracht entfaltet. Der ein oder andere Auftrag führt in ein von Höhlenmenschen besiedeltes Tal, das in Wirklichkeit eine Bauruine ist, die von dem Größenwahn eines untergegangenen Kaisers kündet. Das drei Meilen durchmessende Tal war einst als Colosseum der Superlative angelegt, die Bauten jedoch nie ganz abgeschlossen. Einige uralte Fallen und spektakuläre Bestien haben selbstverständlich überlebt. Der lesende Ghul und später seine spielenden Spieler schwankten zwischen Gelächter ob der Witze des Autors und Staunen ob der Megalomanie des Bauherrn. Wanderer, kommst du in den Circus Convallis, statte auch der V.I.P.-Lounge (für „Viri Illustres et Potentes“) einen Besuch ab, du wirst erstaunliche Erfahrungen machen!

Published in: on Oktober 23, 2022 at 3:59 pm  Kommentar verfassen  
Tags: , , ,

BIG PUPPET

Es gibt diese Art unheilvoller Bücher, deren Verderbtheit so stark ist, dass sie den unbedachten Leser schon nach einem flüchtigen Blättern in den Abgrund hineinzieht und sein Herz mit Finsternis flutet wie einen verstaubten Kelch mit vergiftetem Wein. Das berüchtigte Necronomicon ist so ein Buch, das legendenumwobene Cultes des Goules und das verfluchte BIG PUPPET von LotFP.

Erst habe ich nur darin geblättert, unentschlossen, ob ich es überhaupt lesen und mir als Spieler dadurch versperren sollte. Die grellen Illustrationen, von der fleischlich-krankhaften Aura der harmlosesten Darstellungen bis hin zu dem phantasmogorischen Sadismus der blutgetränkten Bühnenszenen, ließen mir keine Wahl, als der üblen Versuchung nachzugeben und zumindest die erste Seite zu lesen. Das Gift fraß sich binnen weniger Zeilen in meine Seele, die, für immer verloren, nun gezwungen war, Spieler durch dieses finstere, unbarmherzige Modul zu jagen.

In dem Modul hat ein „Théâtre du Grand Guignol“ in der Stadt eröffnet, ähnlich jenem, das in unserer eigenen Wirklichkeit einst im Paris der Zeit vor dem Siegeszug des Lichtspieltheaters das Publikum mit Sex, Verbrechen und Gewaltdarstellungen auf der Bühne entsetzte (bis zur Ohnmacht) und unterhielt. Die „großen Puppen“ dieses Theaters waren Menschen, auch verkrüppelte, die ihre Versehrtheit in Kombination mit reichlich Tierblut für besonders realistische Effekte inszenieren konnten.

Auch in diesem Abenteuer strömen die Leute in Massen in die Vorstellungen, um sich an äußerst glaubwürdig inszenierten Hinrichtungen zu erfreuen. Schließlich ist ja noch keiner wirklich dabei umgekommen, oder? Die Spieler-Personnagen werden sicher ebenfalls Billets erwerben, um ihre Neugier zu stillen. Sie können aber auch durch einen nicht ganz vertrauenswürdigen Alchimisten beauftragt werden, die Vorführung auszuspionieren. So oder so, der Vorhang wird sich öffnen und die Spieler könnten mehr erleben, als ihnen lieb ist.

Das Modul verlangt dem Spielleiter viel ab, denn die Gegner agieren aufgrund ihrer Fähigkeiten etwas anders, als man es gewohnt ist. Dafür liefert es aber auch einen Ablaufplan mit, was an welchem Tag in einem Konflikt zweier Parteien geschieht, wenn die Spieler nicht entscheidend mit ihnen interagieren. Im schlimmsten Fall brennt am Ende die ganze Stadt. Für die Spieler, die unabhängig oder für eine der beiden Seiten agieren kann, gibt es allerding schlimmeres, als dass die Personnage stirbt: Demütigung, wie noch kein Modul der Rollenspielgeschichte Spieler zu demütigen wagte! Das Schwarze Auge, Call of Cthulhu, ihr seid nur für die weichesten der Masochisten! Wer leiden will, spielt Lamentations of the Flame Princess!

Für AD&D-Spieler fehlen leider Informationen über den Geldwert all der erbeutbaren Gegenstände, sowie der Hinweis, ob es überhaupt Käufer für diese ekligen Errungenschaften gibt. Dafür will ich Alptraum aber keine Punkte abziehen. Auch gibt es keinen wirklichen Dungeon, aber schön gestaltete und hilfreiche Bodenpläne aller relevanten Räumlichkeiten und Keller. Für erfahrene Spielleiter und qualaffine Spieler. Volle 5 von 5 Hasenkötteln!

Published in: on Oktober 2, 2022 at 1:42 pm  Comments (1)  
Tags: , , , , ,